
Als ich vor 38 Jahren als junger Ingenieur die Aufgabe gestellt bekam, elektrische Temperatur-Messwertgeber zu konstruieren und bauen zu lassen, wurden die eingesetzten Platin-Messwiderstände durch die DIN 43760 genormt. Diese Norm basierte auf der Internationalen Praktischen Temperaturskala von 1968 (IPTS-68) und war die Wichtigste, die ich damals kennenlernte. Durch die Europäisierung der Normen wurde aus der DIN 43760 1983 die DIN IEC 751, in der die Eigenschaften der industriellen Platin-Widerstandsthermometer und Platin-Messwiderstände festgelegt sind. 1990 wurde die DIN EN 751 überarbeitet und im Jahr 2009 von der DIN EN 60751 abgelöst.
Bereits die erste Norm beschrieb bei Grenzabweichungen (Toleranzen) zwei Klassen: Neben der Klasse B als Standardabweichung und der Klasse A als Halbierung der Standardabweichung kam es zu Absprachen zwischen Kunden und Herstellern von Messwiderständen zu weiteren eingeengten Grenzabweichungen. Eine 1/3 DIN Klasse B, 1/5 DIN Klasse B und sogar 1/10 DIN Klasse B wurden vereinbart. Das bedeutet z.B für einen Messwiderstand bei 0°C eine zulässige Abweichung von 0,03°C bei 1/10 DIN Klasse B gegenüber 0,3°C in Klasse B.
Aus normalen Produktionschargen wurden die Messwiderstände mit eingeengten Toleranzen selektiert. Zusätzlich mussten die Vertragspartner vereinbaren, ob die eingeengte Toleranz nur bei einer Temperatur (z. B. 0°C) oder in einem Temperaturbereich gilt.
Die im Dezember 1990 neu aufgelegte DIN IEC 751 diente nun als Ersatz für die Ausgabe von Oktober 1985. Obwohl 1990 eine neue Temperaturskala, die Internationale Temperaturskala (ITS 90), veröffentlicht wurde, basierte diese Ausgabe noch auf der Temperaturskala IPTS-68. Erst 1995 wurde die ITS 90 in der Norm berücksichtigt und im Rahmen der Europäisierung die Normbezeichnung in DIN EN 60751 geändert. Die Änderungen waren gering und bezogen sich in erster Linie auf die Anpassung der Koeffizienten an die ITS-90 und damit auf die Neuberechnungt der Temperatur-/Widerstandswerte. Es wurden z.B. genauere Parameter festgelegt (alt: 100°C = 138,5 Ohm; neu: 100°C = 138,51 Ohm).
Seit Mai 2009 gilt eine überarbeitete DIN EN 60751 mit wichtigen Änderungen. Nachfolgend möchte ich einige der Änderungen gerne ansprechen, da sie für Anwender und Hersteller von industriellen Platin-Widerstandsthermometern und Platin-Temperatursensoren von Bedeutung sind.
1. Definition neuer Genauigkeitsklassen
Für drahtgewickelte Messwiderstände, für Schichtwiderstände und für Thermometer gelten jeweils unterschiedliche Gültigkeitsbereiche. Bei den drahtgewickelten Widerständen sind es die Klassen W 0,1; W 0,15; W 0,3 und W 0,6. Die Klassen definieren dabei einen Gültigkeitsbereich, der für Schicht-Widerstände kleiner ist als für drahtgewickelte Widerstände. Für Schichtwiderstände gelten die Klassen F 01, F 015, F 03 und F 06. Dabei steht die Zahl hinter der Klassenbezeichnung für die Grenzabweichung in °C bei 0°C. Für Thermometer wurden 4 Genauigkeitsklassen eingeführt: Die Klassen AA, A, B und C. Standard ist dabei die Klasse B. A bedeutet die Halbierung der Klasse B und AA 1/3 Klasse B. C ist eine Verdopplung der Genauigkeitsklasse B.
2. Erweiterte Festlegungen für mögliche Anschlussarten und deren Kennzeichnung
Bei Widerstandsthermometern existieren die Anschlussarten Zweileiter-, Dreileiter- und Vierleiter-Anschluss. In der Norm wird zudem die Kennzeichnung bei Einfach-Widerständen und Zweifach-Widerständen festgelegt. Thermometer können mit ein oder zwei Widerständen sowie in verschiedenen internen Anschlussarten aufgebaut sein. Folgende Abbildung zeigt die verschiedenen Anschlussarten und deren Kennzeichnung.
3. Neufassung des Abschnitts „Prüfungen für Stückprüfungen und Typprüfungen“
Die überarbeitet Norm definiert eine Anzahl Stückprüfungsanweisungen für Messwiderstände und Thermometer. Bei den Messwiderständen wird die Einhaltung der Grenzabweichung geprüft, bei Thermometern der Isolationswiderstand und die Dichtheit. Auch bei der Typprüfung wird zwischen Messwiderstand und Thermometer unterschieden. Die Norm beschreibt die unterschiedlichen Prüfungsparameter.
4. Einführung eines neuen Abschnitts für die Festlegung der Herstellerangaben bei Messwiderständen und bei Thermometern
Hierbei werden die vom Hersteller zur Verfügung zu stellenden Informationen und die Identifikation und Kennzeichnung der Thermometer genormt. DIN EN 60751:2009-01: Jedes Thermometer muss gekennzeichnet oder beschriftet werden, so dass der Anwender direkt oder indirekt die Anzahl der Widerstände, den Nennwiderstand, die Genauigkeitsklasse, die Anschlussart und die Temperaturbereichsgrenzen ermitteln kann.
Beispiel: 1 x Pt100/A/4/-150/ +500